Vier Monate lang arbeiten, ohne einen Tag frei zu sein und hunderte Kilometer entfernt vom Land, ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Schon gar nicht, wenn man weiss, dass man sich als Frau mit vier männlichen Crew-Mitgliedern in die Mitte von „Nirgendwo“ begibt und nächtlich körperlich schwere Arbeit verrichten muss. Das könnte jetzt irgendwie falsch rüber kommen, ist aber völlig anders gemeint. Egal. Ich hatte mich also davon überzeugen lassen (Arbeit = Geld = Smiley), um vier Monate lang auf einem Garnelen-Kutter als Köchin bzw. Deckhand zu arbeiten. Schon in der ersten Woche stellte sich heraus, dass das Zusammenleben auf dem Boot nicht immer reibungslos ablaufen würde.
4 + 1 auf hoher See = Schwierigkeiten
Grundsätzlich war die Crew super freundlich und hilfsbereit. Allerdings nahm einer meiner Kollegen seine Aufgabe etwas zu ernst. Es war an einem der ersten Abenden, wir waren gerade dabei uns „The Notebook“ anzuschauen (you see where this is going, mate), als er mir vorschlug meine Füsse zu massieren. Ohne zu sehr darüber nachzudenken, willigte ich ein.
Als sich seine Hände jedoch in Richtung meines Knies bewegten, wurde mir doch etwas mulmig zumute. Vor allem, weil ich wusste, dass es sich um einen verheirateten Mann mit zwei Kindern handelten. Ich stand auf und verliess den Raum.
Die folgenden Tage zeigten, dass er nicht so schnell aufgeben sollte. Ich probierte möglichst in Gesellschaft aller zu bleiben oder meine eigene Kajüte aufzusuchen, die ich von innen verschliessen konnte. Nach einer Weile wurde auch ihm deutlich, dass ich kein Interesse hatte, was leider dazu führte, dass sein anfängliches verständnisvolles und fürsorgliches Verhalten ins Gegenteil umschlug. Grundsätzlich konnte ich ihm ab diesem Moment nichts mehr recht machen. Ich arbeitete zu langsam, sortierte die Garnelen nicht gut genug und mein Essen schmeckte sowieso so schlecht, so dass er lieber nichts mehr davon ass. Um seinen Hunger zu stillen verzehrte er Chips und Schokolade, die ihm regelmässig von seiner Frau (!!) geschickt wurden.
Unglücklicherweise kann schlechte Ernährung zu sehr unangenehmen Hämorriden führen, die dafür sorgen, dass man nicht mehr laufen kann. Letztendlich konnte er nicht mehr arbeiten, wodurch ich seine Arbeit übernehmen musste und mich beweisen konnte. Wir haben alle herzlich gelacht und sobald die Hämorride abgeschwollen war, kehrte auch wieder Ruhe ein.
Im Nachhinein frage ich mich noch immer warum junge weibliche Backpacker als Crew-Mitglieder angenommen werden. Ich war nicht die einzige und auch von anderen Kuttern, habe ich so einige Geschichten gehört. Im Endeffekt hat sich die Situation bei mir zum positiven verändert. Es gibt jedoch auch Gerüchte, dass es bei anderen weniger gut ausging.
Die Zeit auf dem Boot verlief in regelmässigen Wellen mit Höhen und Tiefen. Die Tage drehten sich im um das Selbe. „Same shit, different day“ pflegte unsere Captain immer zu sagen. Letztendlich hatten wir eine grossartige Saison mit guten Fängen und somit ausserordentlichen hohen Gehältern für die Crew-Mitglieder.
Ich habe viel gelernt in der Zeit: Nicht aufzugeben und bis zum Ende durchzuhalten, das harte Arbeit sich auszahlt und das man alles schaffen kann, wenn man es wirklich will.
Nach vier Monaten kehrte ich wieder in mein kleines Zimmer im Sharehouse in Cairns zurück und musste feststellen, dass es gar nicht so einfach ist eine Entscheidung zu treffen, wenn einem alle Möglichkeiten offen stehen.
Glücklicherweise wollte es der Zufall, dass ich, nicht einmal zwei Wochen später die Liebe meines Lebens kennenlernte. Romantisch, ich weiss 😉
Dazu aber mehr im nächsten Artikel.