Erfahrungsbericht Oktoberfest 2012, München

Oktoberfest 2012 1Das Oktoberfest in München (Mundart: Wiesn) ist das grösste Volksfest der Welt. Nun ist die 179. Wiesn in München für dieses Jahr zu Ende und wir waren mit dabei. Vorgängig haben wir bereits im Artikel Oktoberfest 2012 und im Erfahrungsbericht Wimdu berichtet, dass es sich sehr schwierig gestaltet hat, ein Zimmer zu buchen. Nachdem dies dann 4 Tage vor unserer Reise nach München doch noch geklappt hat, konnten wir uns beruhigt auf das Oktoberfest freuen. Doch was erwartete uns auf der Wiesn? Viele unterschiedliche Informationen haben wir von Wiesn-Besuchern der letzten Jahre erhalten, so richtig vorstellen konnten wir uns das Oktoberfest aber trotzdem nicht. In diesem Erfahrungsbericht teile ich Ihnen meinen persönlichen Eindruck mit!

Oktoberfest München 2012 Übersicht
Fakten Oktoberfest
Entstehung / Geschichte
Theresienwiese
Zelteinlass
Bier / Zelt / Garten
Jahrmarkt
Toiletten
Biergarten
Hofbräu-Zelt
Bilder Oktoberfest
Oktoberfest 2013
Fazit
Ihre Meinung

Fakten Oktoberfest 2012
Die Wiesn in Zahlen

  • 6.9 Millionen Mass Bier
  • 116 Ochsen wurden verspeist
  • 57 Kälber gegessen
  • 6.4 Millionen Besucher (Zeitraum 22.09. – 07.10.2012)

Entstehung / Geschichte
Es findet seit 1810 auf der Theresienwiese in der bayerischen Landeshauptstadt München statt und wird Jahr für Jahr von rund sechs Millionen Menschen besucht; im Jahr 2011 zog das Oktoberfest fast sieben Millionen Besucher an. Für das Oktoberfest brauen die Münchner Brauereien ein spezielles Bier (Wiesn-Märzen) mit mehr Stammwürze und damit auch mit höherem Alkoholgehalt (rund 6–7 %). Oktoberfeste waren früher in Bayern keine Seltenheit. Sie dienten dazu, das eingelagerte Märzenbier vor dem Anfang der neuen Brausaison aufzubrauchen.

Das heute bekannte grosse Münchener Oktoberfest blickt mittlerweile auf eine 200-jährige Geschichte zurück. Es fand erstmals am 17. Oktober 1810 statt. Anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese am 12. Oktober 1810 veranstaltete der Bankier und Major Andreas Michael Dall’Armi auf einer Wiese vor den Stadtmauern Münchens ein grosses Pferderennen. Seitdem heisst das Gelände Theresienwiese, woher die mundartliche Bezeichnung Wiesn für das Oktoberfest stammt. Da sich Kronprinz Ludwig sehr für das antike Griechenland interessierte, schlug einer seiner Untertanen vor, das Fest im Stil der antiken Olympischen Spiele auszutragen. Der Vorschlag wurde begeistert aufgenommen und so hatte das Oktoberfest in den Anfangsjahren einen vorwiegend sportlichen Charakter. Es gilt heute als das Vorbild für die Olympien. Der bayerische Königshof beschloss zur Freude der Stadtbevölkerung, das Pferderennen im kommenden Jahr zur gleichen Zeit zu wiederholen. Damit begann die Tradition des Oktoberfests.

Das Oktoberfest zieht jährlich mehrere Millionen Besucher an. Die Gäste kommen immer zahlreicher auch aus dem Ausland, vorwiegend aus Italien, aus den USA, Japan und Australien. In den letzten Jahren setzte sich zudem der Trend zur Tracht durch, so dass immer mehr der Wiesnbesucher mit Lederhosen bzw. Dirndl dorthin gehen.

Als ein wachsendes Problem erwies sich in den letzten Jahren der übermässige Alkoholkonsum der Wiesnbesucher. Um zu vermeiden, dass die Stimmung auf der Wiesn immer mehr der Stimmung auf dem Ballermann (Mallorca) gleicht, entwickelten 2005 die verantwortlichen Organisatoren das Konzept der Ruhigen Wiesn. Die Zeltbetreiber sind dazu angehalten, bis 18:00 Uhr nur traditionelle Blasmusik zu spielen und die Musiklautstärke auf 85 dB(A) SPL (Schalldruckpegel) zu begrenzen. Erst abends werden auch Schlager und Popmusik gespielt. Dadurch ist das Oktoberfest auch für Familien und ältere Besucher wieder zugänglicher und die traditionelle Atmosphäre bleibt erhalten.

Erfahrungsbericht Oktoberfest 2012
Nachdem wir im Citadines Aparthotel unser Auto in der Tiefgarage parkiert hatten, schlüpften die Mädels in ihr Dirndl und wir versuchten einzuchecken. Leider waren wir aber noch zu früh, die Dame an der Rezeption meinte jedoch ganz cool „ist kein Problem, die Rezeption ist 24 h besetzt. Einer von Ihnen sollte einfach noch so gut beieinander sein, dass gegen Mitternacht eingecheckt werden kann.“

Theresienwiese
Wir waren startklar und begaben uns bei diesem wunderschönen Wetter zu Fuss in Richtung Theresienwiese. Den Weg zur Wiesn findet man übrigens im Schlaf, man muss nur den Menschenmassen nachspazieren. Nach nicht mal zwanzig Minuten wurden wir mit einem Grisinagott am Torbogen auf der Wiesn begrüsst. Tja was soll man sagen, es ist einfach nur beeindruckend. Die Theresienwiese ist ein Platz beziehungsweise eine Sonderfreifläche mit 42 Hektar in der Münchner Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Sie wird von West nach Ost von der nur für Fussgänger und Radfahrer zugänglichen Matthias-Pschorr-Strasse durchschnitten, deren westlicher Abschluss die Statue der Bavaria und östlicher Abschluss der Esperanto-Platz ist.

Zelteinlass
Es ist Mittag und wir haben Hunger. Ein Sprichwort sagt: „Vor lauter Bäumen sieht man den Wald nicht mehr“. So in etwa ging es uns, denn die Menschenmassen waren derart gross, dass man schon die Eingänge zu den Bierzelten nicht mehr erkannte. Kurzentschlossen reihten wir uns in eine Menschenschlange vor dem „Fischer Vroni“ Zelt ein. Eine geschlagene 3/4 Stunde hiess es nun für uns warten. Der Eingangsbereich zum Biergarten bzw. Zelt ist komplett mit Sperrband abgesperrt und wird von drei Securitas bewacht. Zudem steht noch eine weitere Angestellte vom Security Team da, welche die Aufgabe hat, die Leute auszusuchen, welche dann schlussendlich eingelassen wurden. Um 12.00 Uhr bestand keine Chance mehr, ohne Platzreservierung in das Zelt zu kommen. Also hofften wir auf einen Sitzplatz im Biergarten. Wenn Personen einen Biertisch verlassen, kommt der Kellner nach vorne zum Eingang und teilt mit, wieviele Personen mitkommen dürfen. So läuft das dann den ganzen Tag. Gedränge gibts es eigentlich keines, ansonsten greifen die Securitas ohne zu zögern durch und man bekommt Einlassverbot. Es wird auch keine Person mehr oder weniger eingelassen wie von den Kellner angegeben. Da kann man noch so viele Gutscheine besitzen, es gibt kein Pardon und das wird auch knallhart durchgezogen.

Bier / Zelt / Garten
Endlich wurden auch wir vier eingelassen und an einen Biertisch verfrachtet, wo bereits vier Jungs das schätzungsweise dritte Mass vor sich stehen hatten. Marion, unsere Bedienung stand schon da und wollte unsere Bestellung aufnehmen. Wir vier Oktoberfest-Neulinge musste aber zuerst einmal die Karte studieren und uns mit den „Getränken“ vertraut machen. Es gibt ein Mass Bier, ein Mass Radler und erstaunlicher weise auch ein Mass alkoholfreies Bier. Zudem wird noch Cola, Mineralwasser und Zitronenlimonade angeboten – alles im 0.5 l Krug. Wein kann auch bestellt werden, diesen gibt es ebenfalls nur als Halbliter ausgeschenkt. Wir bestellten uns ein Mass Radler und keine zwei Minuten später hatten wir es auch schon auf dem Tisch. Einkassiert wird direkt nachdem serviert wurde. Ein Mass Radler kostet EUR 9.50. Entgegen aller Vorurteile müssen wir sagen, dass das Mass wirklich voll eingeschenkt wird. Das Bier reicht genau bis zur 1 l Marke, weiter nach oben gehts mit genügend Schaum. Die Keller tragen Standard zehn Mass Bier, einen habe ich gesehen mit geschlagenen 12 Mass Bier in der Hand! Und ich hatte schon grosse Mühe, ein volles Mass mit einer Hand hoch zu heben.

Das Wetter ist toll, die Sonne scheint wie verrückt, die Stimmung ist gut und das zweite Mass Radler steht auf dem Tisch, zusammen mit einem Schweinsbraten und Knödel. Schliesslich braucht man ja einen guten „Boden“. Gegen 12.30 Uhr sehe ich die erste Alkoholleiche, allem Anschein nach ein Japaner, der überhaupt nichts mehr zu realisieren scheint. Er wird von zwei Securitas aus dem Gelände getragen. Es ist eines der „Oktoberfest-Gesetzte“: Wenn man auf dem Tisch einschläft, wird man automatisch aus dem Zelt verwiesen. Des weiteren gilt: Auf dem Bänken darf getanzt werden, auf den Tischen ist das absolut tabu! Oder wer kein Sitzplatz hat, bekommt auch nichts zu trinken.

In der Zwischenzeit kennen wir bereits die genaueren Lebensumstände unserer Tischnachbarn und haben erfahren, dass sie Bierfahrer bei der Augustiner Bräu sind und in einem Biergarten der Augustiner Bräu sitzen. Das Bier dass wir trinken ist eines der stärksten auf der Wiesn und hat ein Alkoholgehalt von 6 %. Das Oktoberfest wird jährlich von den selben sechs Münchner Traditionsbrauereien mit Bier versorgt. Brauereien aus der Umgebung haben keine Chance, ihr Bier auf die Wiesn zu bringen!

Jahrmarkt
Nach ca. 3 Stunden auf den Holzbänken haben wir genug und möchten uns die Beine vertreten und den Jahrmarkt anschauen. Sofort werden wir aufgeklärt, dass kein Mensch Jahrmarkt sagt, dass gesamte Oktoberfest ist die Wiesn und so wird dass auch in München kommuniziert ;o). Die Jungs teilen uns ihre Bedenken mit, dass wir anschliessend vermutlich nicht wieder in den Biergarten eingelassen werden. Sie geben uns den Tipp, die gute Marion (unsere Bedienung) zu fragen, ob wir am Eingang nach ihr Verlangen können, damit sie für uns wieder ein Plätzchen findet. Marion ist ein Engel und gibt uns ihren Segen.

Im Menschenstrom ziehen wir in Richtung Riesenrad und Co. Es ist praktisch unmöglich die Ständchen links und rechts anzusteuern, ausser man macht den Weg sozusagen mit Hand und Fuss frei. Schliesslich gehören ein paar gebrannte Mandeln zur Standardausrüstung auf einem Jahrmarkt. Langsam aber sicher überkommt uns die erste Müdigkeit und wir stärken uns mit einem vollen Becher Kaffee. Das war meine erste Erfahrung, einen Kaffee mit Strohhalm zu trinken. Bei allen Ständen werden die Getränke nur mit einem hohen Rück-Pfand herausgegeben. So wird versucht, die Müllberge etwas kleiner zu halten, was scheinbar auch zu funktionieren scheint. Etwas blöd fanden wir, dass die Pfandscheine von Stand zu Stand unterschiedlich sind und man die Flasche oder den Becher jeweils nur am gleichen Stand auch wieder abgeben kann.

Toiletten
Frauen, bitte frühzeitig den Toilettengang einplanen!! Sonst könnte es zu spät sein. Auch hier habe ich wieder eine neue Erfahrung gemacht. Dieses eine Mal war die Schlange beim Herren-WC wesentlich länger als bei den Frauen, dass war eine absolute Premiere. Ansonsten habe ich ausserhalb der Zelte nicht gerade viele WC-Anlagen gesehen. Entweder war ich blind oder die WC's so gut versteckt. Generell kann man sagen, dass die Anlagen alle – für die Oktoberfestverhältnisse – relativ gut im Schuss sind. Aber wie gesagt, auch hier sind die Warteschlangen sehr lang …

Zurück im Biergarten
Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Magen und relativ wenig Hoffnung, dass wir wieder in den Biergarten eingelassen werden, reihen wir uns wieder einmal in die Menschenmassen ein. Was meinen Sie, wurden wir wieder eingelassen? Um diese Zeit (16.30 Uhr) eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, denn überall hingen bereits an Zelten die Plakate „Wegen Überfüllung vorübergehen geschlossen“. Die gute Angie (Kollegin) nimmt sich ein Herz und drängt sich vor zum Absperrband. Tatsächlich erscheint Marion und sie verspricht zu schauen, wo sie uns noch hinquetschen könnte. Nach einer 1/4 Stunde ist es bereits so weit und wir dürfen wieder hinein. Ist das nicht genial? Man braucht also Vitamin B, dann wird (fast) alles möglich. Marion führt uns zum Tisch und siehe da, die Jungs vom Vormittag sitzen immer noch da, dieses Mal am Nebentisch. Unsere „Mitkollegen“ am Tisch kommen aus Portugal (einer davon wohnhaft in Nürnberg), die restlichen sind eine Familie direkt aus München. Mit jedem Mass wird unser Englisch besser und wir verstehen uns rundum prächtig. Die Familie geht und zwei Frauen und zwei Männer werden zu uns gesetzt. Einer davon trinkt ein Mass und ist bereits danach im 7. Alkoholhimmel und nicht mehr zu bremsen. Die Stimmung wird besser und besser, die Musik schlägt um in Partysound (ab 18.00 Uhr) und man kann sprichwörtlich sehen, wie die Hemmungen rundherum fallen. Auch wir begeben uns auf die Bänke und singen und schunkeln zur Partymusik.

Hofbräu-Zelt
Ab 22.00 Uhr wurde das Hofbräuhaus Zelt für alle geöffnet und wir steuern direkt zum grössten Zelt auf der Wiesn. Ich steh am Eingang und mir verschlägt es für einen kurzen Moment die Sprache. Das Zelt ist riesig und ich möchte überhaupt nicht wissen, wieviele tausende Menschen (normalerweise 10.000 Personen) da drinnen stehen, sitzen, liegen oder wie auch immer. Wir verschaffen uns ein wenig Platz und finden schliesslich ein Stehplätzchen, bei dem man einigermassen einen guten und störungsfreien Stand hat. Die Stimmung ist bombastisch und auf der Tribüne durch die Musikanten auch noch weiter angeheizt. Zum Trinken gibts für uns nichts, da wir ja keinen Sitzplatz haben. Die Bedienungen sehen eigentlich auch nur noch gehetzt, getresst und fertig aus und mit den Securitas ist überhaupt nicht mehr zu spassen. Um Punkt 22.30 Uhr gehen alle Lichter ausser dem Notlicht aus und die Band spielt die letzten Klänge. Sofort beginnen die Securitas mit der Räumung der Tische. Egal ob noch ein volles Mass auf dem Tisch steht oder nicht, ohne Pardon wird man aufgescheucht und gebeten, dass Zelt zu verlassen. Wir können buchstäblich zusehen, wie sich die Bänke leeren und die Menschenmassen verschwinden. Dann sind auch wir an der Reihe und eine Horde Securitas fegt uns wie mit einem Besen aus dem Zelt. Punkt 23.00 gehen die Türen zu und der Feststimmung ist für diesen zweitletzten Wiesn Tag ausgefegt.

Bilder Oktoberfest 2012
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Oktoberfest 2013
Das nächste Oktoberfest findet bereits zum 180. Mal vom 21. September bis 6. Oktober 2013 in München statt.

Fazit
Als Wiesnbesucher muss man auf einiges gefasst sein und man darf nicht zimperlich sein. Man sieht Dinge, die man eigentlich gar nicht sehen will. Wir erfahren Sachen, die die Menschheit eigentlich auch gar nicht interessiert. Aber jetzt kennen wir den Mythos rund um die Lederhose und Unterhose und wir wissen jetzt auch, ob die Schotten wirklich keine Unterhosen tragen. Die Stimmung ist ausgezeichnet, man hat plötzlich Freunde aus aller Welt und die verschiedenen Sprachen sind keine Barrieren mehr. Wenn man den Alkohlpegel im Griff hat und weiss, wann genug ist hat man Glück, ansonsten könnte der Wiesn-Besuch vielleicht am nächsten Tag ein paar Überraschungen bereit halten. Ich kann sagen, ein Dirndl für ein Deandl ist Pflicht, als Frau in normaler Kleidung fällt man sonst auf. Der Spruch „Alkohol macht Birne hohl“ könnte ich als Leitspruch für die Wiesn empfehlen, kein Wunder bei 6.9 Millionen verkauften Mass Bier. Die Wiesn in München ist ein unglaubliches Volksfest, dass man vielleicht einmal im Leben gesehen haben muss. Für meinen Geschmack reicht das aber auch. In diesem Sinne pfiad aich Gott.

Nachgefragt
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© Fotos: Ivan Graf

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